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Herbsttagung 2025Bericht über die Veranstaltung vom 20. November 2025

Gemeinsam die Zukunft der Datenwissenschaft gestalten

Rückblick Herbsttagung 2025

Die Herbsttagung 2025 hat einmal mehr gezeigt, wie wichtig der Austausch und die Zusammenarbeit innerhalb der Data Science Community sind. Mit spannenden Diskussionen, aufschlussreichen Vorträgen und inspirierenden Gesprächen haben wir gemeinsam die Zukunft der Datenwissenschaft weitergedacht.

Ein herzliches Dankeschön an alle, die dazu beigetragen haben, dass dieses Event zu einem so spannenden und inspirierenden Erlebnis wurde.

Wir freuen uns schon auf die nächsten Schritte und die kommenden Diskussionen!

Wissen statt Blindflug: Unsicherheitsbewusste und informierte KI für die industrielle Produktion Prof. Dr. Marco Huber (Universität Stuttgart / Fraunhofer IPA)

Mit „Wissen statt Blindflug“ zeigte Prof. Dr. Marco Huber (Fraunhofer IPA) eindrucksvoll, warum KI in der industriellen Produktion Unsicherheit nicht ignorieren darf, sondern explizit modellieren muss. Anhand praxisnaher Beispiele, von der Qualitätsprognose beim Widerstandspunktschweißen über die Optimierung von Laserschneidprozessen bis hin zur KI-gestützten Auftragsplanung bei Porsche wurde deutlich, wie datengetriebene Verfahren echten Mehrwert liefern, wenn sie mit Domänenwissen kombiniert werden. Ein zentraler Schwerpunkt lag auf Bayesian Machine Learning, das im Gegensatz zu klassischen neuronalen Netzen Unsicherheiten quantifizieren kann. Mit Kalman Bayesian Neural Networks (KBNN) und physik-informierten Ansätzen wurde gezeigt, wie Online-Lernen, robuste Regelung und daten­effizientes Reinforcement Learning selbst unter verrauschten Messungen möglich werden. Der Vortrag setzte damit einen starken inhaltlichen Rahmen für das Event: KI wird besonders dann wertvoll, wenn sie informiert, vorsichtig und verlässlich entscheidet.

Ungenutzte Ressource Daten: Wie Unternehmen unstrukturierte Daten skalierbar für KI aufbereiten Johanna Harder (IBM)

Johanna Harder machte deutlich, dass der größte Hebel für erfolgreiche KI nicht in neuen Modellen, sondern in der konsequenten Nutzung unstrukturierter Daten liegt. Obwohl rund 90 % der Unternehmensdaten unstrukturiert sind, bleiben sie meist ungenutzt. Dies hat zur Folge, dass ein Großteil der KI-Projekte ohne AI-ready Data scheitert. Der Vortrag zeigte anschaulich, warum Datenaufbereitung in diesem Kontext besonders anspruchsvoll ist: hohe Datenvielfalt, Silos, Qualitätsprobleme und fehlende Semantik. Ein zentraler Fokus lag auf durchgängigen Pipelines aus OCR, Layout-Analyse, multimodaler Anreicherung und semantischem Kontextaufbau, die Struktur und Bedeutung erhalten statt verlieren. Am Ende wurde klar: Skalierbare KI, insbesondere im Umfeld von GenAI und RAG, ist nur möglich, wenn unstrukturierte Daten systematisch normalisiert, angereichert und governancefähig aufbereitet werden.

Quantum for Climate: Die Zukunft der Klimamodellierung? Dr. Daniel Ohl de Mello (d-fine)

Der Vortrag „Quantum for Climate“ ordnete nüchtern ein, welches Potenzial Quantencomputing für die Klimamodellierung haben könnte und wo aktuell noch klare Grenzen liegen. Ausgangspunkt waren die bekannten Schwächen heutiger Klimamodelle, die aufgrund grober Gitter und parametrischer Näherungen viele physikalische Prozesse nur vereinfacht abbilden können. Gezeigt wurde, wie sich das Parametertuning solcher Modelle als bayesianisches Optimierungsproblem formulieren lässt und wie (Quantum-)Machine-Learning-Ansätze, etwa auf Basis von Gaussian-Process-Emulatoren und Quanten-Kernels, dabei unterstützen können. Die präsentierten Ergebnisse aus dem KLIM-QML-Projekt sind vielversprechend, zeigen jedoch bewusst keinen belegten Quantenvorteil. Der Vortrag vermittelte damit ein realistisches Bild: Quantencomputing ist für die Klimaforschung ein spannendes Zukunftsthema, dessen Mehrwert derzeit vor allem in quanteninspirierten Methoden und Forschungsexperimenten liegt und nicht in kurzfristigem Produktiveinsatz.

ADAM goes EDEN: Anomalieerkennung zur Risikominderung in bioregenerativen Lebenserhaltungssystemen Ferdinand Rewicki (DLR e.V.)

Mit „ADAM goes EDEN“ wurde eindrucksvoll gezeigt, wie datengetriebene Anomalieerkennung in sicherheitskritischen, hochkomplexen Systemen eingesetzt werden kann. Am Beispiel der EDEN-Initiative des DLR – bioregenerative Lebenserhaltungssysteme für zukünftige Raumfahrtmissionen wurde deutlich, warum frühe und verlässliche Erkennung von Abweichungen in multivariaten Zeitreihen entscheidend ist. Der Vortrag gab einen strukturierten Überblick über Anomalietypen, Lernparadigmen und Methoden und machte klar, dass keine einzelne Technik alle Anomalien gleichermaßen gut erkennt. Das vorgestellte ADAM-Subsystem kombiniert daher verschiedene Verfahren, ergänzt sie um Anomalieklassifikation und bindet den Menschen über Annotation und Monitoring gezielt ein. Besonders überzeugend war der Fokus auf Praxistauglichkeit: On-Premise-Betrieb im Kontrollzentrum, Skalierbarkeit und perspektivisch „Near-Realtime“-Fähigkeit. Ein anschauliches Beispiel dafür, wie KI, Domänenwissen und Human Factors zusammenwirken müssen, um Risiken real zu minimieren.

Panel Discussion: „Zukunft aus Daten - Data Science der Zukunft“ Andreas Gillhuber, Michael Herter, Prof. Dr. Marco Huber, Prof. Dr.Anne Schwerk

Die Paneldiskussion zur „Data Science der Zukunft“ spannte einen breiten, aber erstaunlich konsistenten Bogen über technologische, gesellschaftliche und organisatorische Fragen. Ein zentraler Tenor war, dass GenAI zwar enorme Chancen bietet, ihren Wert jedoch nur auf Basis hochwertiger Daten und echter Data Literacy entfalten kann. Mehrfach wurde betont, dass Data Science sich vom reinen Modellbau weiterentwickeln muss. Hin zu Systemverständnis, Kontextkompetenz und verantwortungsvoller Gestaltung von Mensch-KI-Zusammenarbeit. Vertrauen, Erklärbarkeit und Datenqualität wurden dabei als entscheidende Erfolgsfaktoren hervorgehoben, ebenso die Notwendigkeit einer gelebten Datenkultur auf Managementebene. Der Data Scientist der Zukunft wurde weniger als reiner Analyst, sondern als Übersetzer zwischen Daten, Technologie und gesellschaftlichem Kontext skizziert.

Mehr Durchblick in der Stadt: Erklärbare KI für urbane Daten Cédric Roussel (Hochschule Mainz (i3mainz))

Cédric Roussel zeigte anschaulich, warum Explainable AI (XAI) weit über regulatorische Pflichterfüllung hinausgeht und in vielen Anwendungsfeldern (von Mobilität bis Climate Science) zur Voraussetzung für vertrauenswürdige KI wird. Der Vortrag machte deutlich, dass Erklärbarkeit, Interpretierbarkeit und Unsicherheitsquantifizierung unterschiedliche, aber eng verknüpfte Aspekte sind, die bewusst gegeneinander abgewogen werden müssen. Besonders überzeugend war der „glokale“ Blick auf XAI: detaillierte lokale Erklärungen für einzelne Entscheidungen versus effiziente globale Aussagen für große Datenmengen. Anhand räumlicher Anwendungsfälle wie Verkehrsunfallanalysen und Mobilitätsprognosen wurde gezeigt, wie Modellunsicherheit, Wahrscheinlichkeiten und visuelle Erklärungen gemeinsam zu besserem Verständnis und fundierteren Entscheidungen beitragen. Ein praxisnaher Beitrag, der klar machte, dass erklärbare und unsicherheitsbewusste KI entscheidend für Akzeptanz und verantwortungsvollen Einsatz ist.